Nadja & Selina
// Nadja arbeitet als Pflegefachfrau und Praxisanleiterin, Selina als gerontopsychiatrische Fachkraft, Praxisanleiterin, Praxisbegleiterin für Basale Stimulation, Aromaexpertin und stellv. Wohnbereichsleiterin im Johanniter-Haus Waibstadt.
Nadja: „Selina und ich kennen uns seit etwa 20 Jahren. Fast genauso lange sind wir beste Freundinnen. Wir sind fast schon wie ein altes Ehepaar, manchmal brauchen wir keine Worte, um zu verstehen, was die andere meint. Als wir uns kennenlernten, war ich 17 und Selina 20. Ich habe meine Ausbildung zur examinierten Altenpflegerin begonnen, und sie war im 2. Lehrjahr. Wir waren uns gleich sympathisch und sind oft zusammen weggegangen. Wenn wir abends feiern waren und am nächsten Tag Frühschicht hatten, haben wir uns gegenseitig motiviert. In dem Alter geht sowas ja noch, heute machen wir das nicht mehr.
Wir wuchsen immer enger zusammen. Und das, obwohl ich zu jener Zeit einen Freund hatte, der Selina gar nicht mochte. Doch ich habe mir das nicht kaputt machen lassen! Die Beziehung hat nicht gehalten und etwas später habe ich dann meinen jetzigen Mann Thorsten kennengelernt. Der versteht sich nicht nur mit Selina, sondern auch mit ihrem Freund Mario super. Die beiden machen zusammen Motorradtouren und helfen sich gegenseitig, wo es geht.“
Selina: „Nadja ist ein unglaublich witziger und hilfsbereiter Mensch. Sie ist voller Energie und immer bereit, den anderen alles zu geben, was sie hat. Das spüren auch unsere Bewohnerinnen und Bewohner. Sie freuen sich immer riesig, wenn sie Nadja sehen. Doch Nadja kann auch sehr direkt sein. Sie ist sehr temperamentvoll und nicht auf den Mund gefallen! Manchmal ist das super, doch manchmal würde es ihr guttun, erst einmal durchzuatmen. Man könnte es so formulieren: Ihr Mundwerk ist manchmal schneller als ihr Verstand. Sie trägt ihr Herz eben auf der Zunge.
Seit 8 Jahren arbeiten wir zusammen im Johanniter-Haus – aber auf unterschiedlichen Wohnbereichen. Das ist auch besser so. Ich bin ja stellvertretende Wohnbereichsleiterin, als beste Freundin muss ich nicht auch noch ihre Vorgesetzte sein.“
Nadja: „Selina muss man einfach liebhaben, alles andere könnte ich gar nicht nachvollziehen! Sie ist so ein liebenswürdiger und hilfsbereiter Mensch. Sie kann schon bestimmend sein, doch sie bleibt dabei immer ganz ruhig. Davon müsste ich mir mal eine Scheibe abschneiden. Selina leistet wirklich ganz wunderbare Arbeit. Auch wenn wir nicht auf derselben Station arbeiten, bekomme ich mit, was sie zum Beispiel mit der Aromapflege bewirkt.“
Selina: „Ich habe mich immer gern weitergebildet und bin so auf die basale Stimulation gestoßen. Es geht darum, die Sinne zu stimulieren – im Falle der Aromapflege sind das v.a. der Geruchssinn und die Haut. Bei uns im Haus gibt es ein Wellness-Bad. Einmal monatlich biete ich dort Aromabäder an, arbeite mit diversen Aromaölen, aber auch mit farbigem Licht und Musik. Es geht darum, sich zu entspannen und loszulassen. In anderen Fällen können die Öle auch anregend wirken und neue Lebenskräfte wecken. Mit dieser Pflege lässt sich auch ohne Psychopharmaka unglaublich viel erreichen! Ich hatte einmal eine Bewohnerin, die aus einer anderen Einrichtung zu uns kam. Dort hat sie 5 Jahre im Bett verbracht, hat nicht mehr gesprochen und bewegte ihren Kopf sehr unruhig hin und her. Mit der Pflege ist sie bei uns richtig aufgeblüht. ‚Baden! Baden! Ich geh baden!‘ sang sie immer, wenn ich sie abholte. Sie konnte es kaum erwarten. Nach einiger Zeit konnte sie sogar wieder in den Rollstuhl mobilisiert werden zum Spazieren gehen! Wir mussten ihre Tochter bitten, ihr Kleidung zu kaufen, denn sie war ja so lange bettlägerig gewesen und hatte nichts, was sie draußen anziehen konnte.
Natürlich nehmen diese Behandlungen Zeit in Anspruch, doch sie sparen auch viel Zeit. Denn die Bewohnerinnen und Bewohner sind viel ausgeglichener und entspannter. Darum gebe ich nun sogar Grundkurse in basaler Stimulation. Da haben wirklich alle etwas von!“
Selina: „Mit Nadja und mir ist es wirklich wie gesucht und gefunden. Wir können miteinander reden und auch wirklich ehrlich zueinander sein. Natürlich darf es in einer Freundschaft auch mal krachen. Manchmal haben wir Meinungsverschiedenheiten und sind unterschiedlicher Ansicht. Man streitet sich und verträgt sich wieder, das ist normal. Doch in schweren Zeiten sind wir immer füreinander da.“
Nadja: „Vor 8 Jahren gab es in meiner Familie einen schweren Schicksalsschlag. Damals kam meine Mutter aus dem Urlaub wieder und hatte einen Insektenstich an der Wade, der einfach nicht weggehen wollte. Sie ging nicht gern zum Arzt und versuchte, die Stelle mit Salben zu behandeln. Doch dann stellte sich heraus, dass sie durch den Stich eine Hepatitis bekommen hat. Sie kam ins Krankenhaus und dann ging alles furchtbar schnell. Auf die Hepatitis kam eine Lungenentzündung, sie musste reanimiert und in ein größeres Krankenhaus verlegt werden. Ihre Leber versagte, doch für eine Organspende war es zu spät. Es kam eins zum anderen und irgendwann konnten die Ärzte sie nicht mehr zurückholen. Nur fünf Wochen nach der Diagnose ist meine Mutter unerwartet verstorben. So plötzlich, dass ich mich nicht mehr von ihr verabschieden konnte. Als sei das nicht genug, bekam meine Schwiegermutter zu dieser Zeit auch noch eine Krebsdiagnose.
Das war wirklich eine sehr schwere Zeit für unsere Familie. Mein kleiner Bruder war damals 17, natürlich war es auch für ihn und für meinen Stiefvater ein schwerer Schlag. Ich habe mich gekümmert, habe für sie gekocht und parallel meine Schwiegereltern mitversorgt. Selbst habe ich damals kaum jemanden an mich rangelassen. Doch Selina war für mich da, hat mich unterstützt, so gut sie konnte. Auch sie hat früh ihren Vater verloren – sie wusste, was ich durchmache. Ich bin dankbar, dass Selina in meinem Leben ist.“