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20.12.2022 | Johanniter-Krankenhaus Stendal

Als der Schwesternchor Weihnachtslieder sang

Diakonissen prägten einst die Weihnachtszeit im Johanniter-Krankenhaus

Ein Foto aus den 60-er Jahren, das eine Diakonissen-Feier im Mutterhaussaal zeigt. Foto: Archiv Johanniter-Krankenhaus

Wer Schwester Ursel im Johanniter-Krankenhaus begegnet, dem wird sogleich warm ums Herz. Die Diakonisse kommt jeden Tag zum Mittagessen ins Klinik-Café. Die kleine, zarte Frau mit ihrer Schwesternhaube erwidert jeden freundlichen Gruß und lässt sich gern auf den einen oder anderen Plausch ein. Agil ist sie mit ihren 92 Jahren, voller Humor und Klugheit. Sie hilft noch immer Krankenhaus-Pfarrer Ulrich Paulsen bei der Vorbereitung von Andachten. Auch jetzt in der Weihnachtszeit.

Schwester Ursel hat viele Weihnachtsfeste in Stendal erlebt, kam sie doch vor 76 Jahren hierher und trat zwei Jahre später in das Adelberdt-Diakonissen-Mutterhaus ein. Fortan war sie in einer Gemeinschaft von rund 100 Schwestern im Dienste der Kranken tätig – damals im Evangelischen Krankenhaus der Diakonie, das nach der Wende wieder in die Hände der Johanniter zurückgeführt werden konnte.

Die Diakonissen übernahmen im Krankenhaus wertvolle Dienste - von der Küche bis zur Pflegeleitung, von der Reinigung bis zur OP-Assistenz. Sie waren früh und spät im Einsatz, stärkten sich dazwischen nur in einer kleinen Mittagspause. „Wir hatten einen halben Tag in der Woche frei“, erinnert sich Schwester Ursel. Sie selbst arbeitete in der Hauswirtschaft, durchlief einige Krankenstationen und assistierte im OP. 1984 ging Schwester Ursel in Rente, was nicht wirklich hieß, sich zur Ruhe zu setzen. Bis vor wenigen Jahren organisierte sie zum Beispiel die Weihnachtsfeiern für die Mitarbeitenden des Krankenhauses.

Bescheidenheit zeichnet Diakonissen aus. Das ist bei Schwester Ursel nicht anders. Sie steht ungern im Mittelpunkt. Nach dem Weihnachtsfest gefragt, wie es früher war, kommt sie aber gern ins Erzählen. „Am ersten Advent früh um fünf Uhr begann das Adventssingen im Kerzenschein. Ein geliebtes Ritual für uns selbst, aus dem Dunkel den Weg ins Licht zu gehen. Das war der Beginn der Adventszeit für uns“. Schwester Ursel erzählt weiter: “Jeden Adventssonntag ging unser Schwesternchor am Abend von Station zu Station. Wir stellten uns auf dem Korridor auf und sangen christliche und volkstümliche Weihnachtslieder. Das kam sehr gut bei unseren Patienten an.“ Sie erinnert sich auch an kleine Weihnachtsfeiern auf den Stationen mit selbstgebackenem Kuchen.

Das weihnachtliche Schmücken der Stationen gehörte natürlich dazu. „Wichtig war, bei der Verteilung der Christbäume vorn zu sein. „Wer zuletzt kam, musste sich mit den weniger schönen Exemplaren begnügen“, erzählt Schwester Ursel lachend. 

Am Heiligabend versahen die Diakonissen wie jeden Tag ihren Dienst bis spät in den Abend - unterbrochen ab 17 Uhr, wenn ihr Chor durchs Haus zog und mit ihren Liedern den Kranken Freude und Hoffnung schenkte.

Nach der Christvesper freuten sich die Schwestern auf die Bescherung. „Viele wünschten sich Reisegepäck, denn wir reisten viel zu unseren Verwandten“, erinnert sich Schwester Ursel. Auch die kleinen Aufmerksamkeiten „aus dem Westen“, von der Diakonie „drüben“, wie etwa duftende Seife, gehörten zu ihren Geschenken.

Etwas wehmütig ist Schwester Ursel zumute. „Damals zu Weihnachten war alles friedlicher und besinnlicher. Heute ist es laut und hektisch“, bedauert sie. Natürlich freut sie sich auch in diesem Jahr wieder auf die Christvesper draußen hinter dem Hospiz durch Pfarrer Ulrich Paulsen. Und auf „Würstchen mit Kartoffelsalat“, setzt sie schmunzelnd hinzu.