Was kann ich als Freundin oder Freund tun?
Soll ich meine Befürchtung einer Essstörung ansprechen?
Umso enger die Beziehung ist, umso belastender kann die Essstörung eines Freund oder einer Freundin oder auch des Partners oder der Partnerin sein. Essgestörtes Verhalten wie Hungern, Essattacken, Erbrechen nach dem Essen, übermässiger Sport, Kalorienzählen etc. wird von den Betroffenen häufig verheimlicht und manchmal, in der Phase der Krankheitsverleugnung, gar nicht als problematisch angesehen. Es kann hilfreich sein, Ihre eigene Wahrnehmung und Sorge zu äussern. Dabei sollten Sie eine ruhige Situation zu zweit wählen und nicht versuchen, Ihr Gegenüber zu überzeugen oder Vorwürfe zu äussern. Akzeptieren Sie, wenn Ihre Freundin oder Ihr Freund signalisiert, dass sie oder er nicht über das Thema sprechen möchte und keine Hilfe wünscht.
Wie gehe ich damit um, wenn ständig das Thema Gewicht und Essen thematisiert wird?
Betroffene suchen oft ständige Rückversicherung bezüglich Gewicht und Figur und können ausschweifend über Essen, Kalorien etc. sprechen. Thematisieren Sie, wenn Ihnen das auffällt. Oft ist es besser, seinen eigenen Eindruck sachlich zu äussern und zu fragen, wie das eigentlich ist, ständig an diese Dinge zu denken. Vermeiden Sie möglichst, genervt oder mit Vorwürfen zu reagieren. Bestehen Sie aber darauf, dass Sie sich Ihr eigenes Essverhalten nicht verbieten oder bewerten lassen möchten, wenn dies ein Thema sein sollte.
Wie gehe ich mit verändertem Verhalten und Gereiztheit um?
Betroffene wehren sich manchmal intensiv und auch mit grossem Ärger und Aggressivität gegen jeden Versuch, ihr Essverhalten zu problematisieren oder sie an Symptomverhalten zu hindern. Häufig ziehen sie sich von Kontakten zurück und geben frühere Interessen auf, weil ihr Denken durch Essen bestimmt ist und sie vermeiden wollen, mit anderen gemeinsam essen zu müssen. Versuchen Sie, dies als Zeichen der Erkrankung und nicht als Ausdruck Ihres persönlichen Verhältnisses zueinander zu sehen. Machen Sie sich klar, dass zu Essstörungen häufig eine längere Phase gehört, in der sich Betroffene selbst nicht als krank sehen können.
In dieser Phase der Krankheitsverleugnung ist es oft schwierig, die „Uneinsichtigkeit“ des Anderen zu verstehen. Es ist dennoch hilfreich, Ihre Wahrnehmung und ihre Sorge zu äussern, dass eine Essstörung vorliegt oder zu entstehen droht. Vermeiden Sie dabei emotionsgeladene Diskussionen. Hilfe sollten Sie anbieten, aber nicht aufdrängen.
Was Sie für sich selbst tun können
Die Essstörung von Freunden oder Partnern kann für enge Bezugspersonen eine grosse Belastung darstellen. Hilfreich kann sein, sich im Internet oder mit Hilfe von Literatur selbst zu informieren, um Unsicherheiten abzubauen. Manche engen Vertrauten erleben es als entlastend, selbst eine Selbsthilfegruppe für Angehörige von Essgestörten zu besuchen. Vermeiden Sie aber, sich für die Essstörung verantwortlich zu fühlen oder es sich zur Aufgabe zu machen, FreundIn oder PartnerIn „da rauszuholen“. Die dauerhafte Bewältigung einer Essstörung kann erst gelingen, wenn es die oder der Betreffende selbst will. Achten Sie auf ein möglichst altersgerechtes und angemessenes Miteinander, in dem Sie Ärger und Kritik auch äussern. Sie helfen Ihrer Freundin oder Ihrem Freund nicht, wenn Sie ihr oder ihm jeden Wunsch von den Augen ablesen, in einem Gefühl, nur ja nichts falsch machen zu wollen.