06.02.2024 | Johanniter-Krankenhaus Treuenbrietzen

Ausführliches Interview mit Krankenhausdirektor Mirko Rücker

30 Jahre in Johanniter-Trägerschaft: Ein umfangreiches Statement mit Krankenhausdirektor Mirko Rücker zur aktuellen Situation und künftigen Perspektiven der Johanniter-Fachkliniken Treuenbrietzen

Klinik-Chef zur Krankenhausreform: „Wir müssen unsere Defizite selbst ausgleichen - Punkt.“

Wir sind 2024 seit mittlerweile 30 Jahren eine Fachklinik, die aus einem Kreiskrankenhaus hervorgegangen ist. Eine Fachklinik werden wir auch künftig bleiben, die unverzichtbar für die regionale Gesundheitsversorgung im Land Brandenburg  ist und auch Patientinnen und Patienten aus ganz Deutschland anzieht. 

Erwartungen an die Krankenhausreform

Die Krankenhausreform ist notwendig in mehrfacher Hinsicht. Zum einen müssen die Vergütungen an die Preisentwicklung angepasst werden, um auch künftig eine hochwertige Patientenversorgung zu sichern – nicht nur in unseren Fachkliniken, sondern in allen Kliniken Deutschlands.
Bis zum Greifen der Reform sind finanzielle Mittel zur Unterstützung nötig.
Ein großer Wunsch ist der Abbau der zunehmenden Bürokratie. Diese bindet wichtige Personalressourcen und verursacht zusätzliche Kosten.

Steht das Haus mit diversen etablierten Fachkliniken besser da, als Häuser der Grundversorgung etc.?    

Nach den derzeitigen Reformplänen haben unsere Kliniken mit ihren Spezialisierungen, mit ihrer hohen Fachkompetenz und mit ihrer vielfach zertifizierten Behandlungsqualität eine ganz gute Ausgangsposition. Dabei sind unsere Qualitätszertifikate der deutschen Fachgesellschaften das besondere Aushängeschild.
Im Zentrum stehen jedoch unsere engagierten, verantwortungsvollen, verlässlichen Mitarbeitenden, die ihren Dienst sehr zugewandt ausüben. Wir haben z. B. im Pflegedienst eine Fachkräftequote von 98 %. Auch die Quote von Fachärzten und -ärztinnen ist sehr hoch, das ist ein weiteres Aushängeschild unserer Fachkliniken. 

(Wie) konnten zwischenzeitlich gestiegenen Energiekosten und andere Preissteigerungen abgefangen werden?
Konnte das Krankenhaus dafür wmgl. Zuschüsse oder Entlastungszahlungen nutzen?

Wir haben 2023 zum einen Fördergelder des Bundes als Zuschuss zu den Energiekosten erhalten, orientiert an der Anzahl der stationären Betten. Dabei blieben unsere tagesklinischen Plätze unberücksichtigt, die 71 von 396 ausmachen. Andererseits gab es einen individuellen Ansatz nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz.
Beide Zuschüsse zusammen haben die Preisanstiege nicht auffangen können. Die Bundesregierung hat die Krankenhäuser mit Hilfszahlungen unterstützt, um die hohen Energiekosten abzudecken. Diese Hilfen haben jedoch bei weitem  nicht gereicht, um die Kostenentwicklung der vergangenen Zeit zu kompensieren. Warum schreiben sonst so viele Krankenhäuser rote Zahlen?!

Wer kommt im Johanniter-Krankenhaus für ein mögliches Defizite in der Finanzierung auf? In kommunalen Krankenhäusern werden Unterfinanzierungen bundesweit aktuell in vielen Fällen durch die Hauptgesellschafter, also die Kommunen, aufgefangen.

Wir müssen unsere Defizite selbst ausgleichen – Punkt. Deshalb sind wir immer auf der Suche nach Wirtschaftlichkeitsreserven.
Effizientes Handeln ist in allen Bereichen ein hohes Gebot, das hat sich den Jahren vor den Krisen ab 2020 schon gezeigt und bewährt.

Hat das Krankenhaus Treuenbrietzen aus der Pflegereform resultierende Tariferhöhung vorgenommen? Sind diese ggf. voll gegenfinanziert über entsprechende angepasste Budget-Verhandlungen mit Krankenkassen und den weiteren Kostenträgern?

Wir zahlen nach unserem sehr guten Tarif und nehmen die darin vorgesehenen Erhöhungen selbstverständlich vor. Zum Beispiel steigt eine Fachpflegekraft im Intensivbereich bei uns ab 4.300,28 Euro plus Schichtzulagen und Prämien ein, mit entsprechender Berufserfahrung auch mehr.
Eine adäquate Gegenfinanzierung durch die Krankenhausbudgets ist leider nicht vollumfänglich gegeben. Die realen Personal- und Sachkostensteigerungen liegen deutlich über der Budgetentwicklung.

(Wie) können geplante Investitionen aktuell im geplanten Umfang angegangen bzw. fortgeführt werden?
Auch mit Blick auf Preissteigerungen in der Baubranche und am Kapitalmarkt.

Wir haben seit 2019 zwei komplett neugebaute Bettenhäuser in Betrieb genommen und ein weiteres aufwändig saniert – ohne Fördermittel zu beanspruchen.
Natürlich gibt es auch aktuelle Investitionsvorhaben. 2023 konnten wir zwei geförderte Photovoltaikanlagen in Betrieb nehmen. Gerade prüfen wir weitere Dachflächen, wobei wir immer die Belange des Denkmalschutzes zu beachten haben.
Außerdem haben wir mit Fördermitteln unser Nahwärmenetz erweitert, in dem wir weitere Gebäude auf unserem Gelände an unser Holzhackschnitzelheizwerk angeschlossen haben. Dieses Heizhaus hat uns seit vielen Jahren ein gutes Stück unabhängiger von den Preisen für Öl und Gas gemacht – für eine zukunftsfähige Energieversorgung.
Wir sind bei unseren Investitionen zwingend auf die vom Land Brandenburg zugewiesenen Fördermittel angewiesen. Das Land Brandenburg liegt bei den Krankenhausinvestitionen weit vorn. Insgesamt werden jedoch mehr Investitionsmittel benötigt.

Welche Auswirkungen hat der Fachkräftemangel auf die Auslastung der Behandlungskapazitäten?
Gibt es aktuelle Reduzierungen der Bettenkapazitäten in Abteilungen etc.?

Aktuell haben wir keine Bettenreduzierungen. Der Fachkräftemangel ist jedoch deutlich zu spüren und es gibt Phasen, wo dieser Auswirkungen auf die Auslastung der Behandlungskapazitäten hat. Dem versuchen wir kurzfristig durch Einsatz von Leasingpersonal entgegenzuwirken. Langfristig versuchen wir auf verschiedenen Ebenen den Fachkräftemangel zu bekämpfen.
Wir haben letztes Jahr die Ausbildungsplätze unserer hauseigenen Pflegeschule von 65 auf 75 Plätze erhöht und erstmals vier Pflegeazubis im Kosovo gewonnen.
Außerdem sind wir akademisches Lehrkrankenhaus der MHB geworden, wo wir seit 2016 kooperierendes Krankenhaus waren. Damit dürfen wir Medizinstudierende im praktischen Jahr ausbilden und bieten ihnen dafür neben einer finanziellen Vergütung weitere Benefits. Seit vielen Jahren engagiert sich unser ärztlicher Dienst darüber hinaus in der Ausbildung von Fachärzten.
Wir arbeiten auch an Modellen zur Flexibilisierung der Arbeitszeiten, um die Vereinbarkeit von Familie und Beruf zu verbessern.

Welche Pläne gibt es für 2024?

Trotz der wirtschaftlich herausfordernden Situation wollen wir die gewohnt hohe Qualität in der Patientenversorgung aufrechterhalten bzw. weiter ausbauen und dieses wunderschöne Krankenhaus mit seinen tollen Mitarbeitenden erfolgreich in die Zukunft führen.
Insgesamt sehe ich unser Haus als zukunftssicheren Standort und gut gerüstet für die künftigen Herausforderungen. Wichtig ist, sich auch immer wieder flexibel auf neue Situationen einzustellen und sich entsprechend weiterzuentwickeln.

 

MAZonline

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