24.03.2022 | Johanniter-Krankenhaus Treuenbrietzen

24.03.2022: Welttuberkulosetag: Motto „Die Uhr tickt. Pro Minute sterben drei Menschen an Tuberkulose“

Das RKI registrierte im Jahr 2020 in Deutschland 4.127 Tuberkulosen. Das entspricht 5 Neuerkrankungen pro 100.000 Einwohner.

Interview mit dem Pneumologen Oberarzt Dr. Dietmar Herziger

Das RKI registrierte im Jahr 2020 in Deutschland 4.127 Tuberkulosen. Das entspricht 5 Neuerkrankungen pro 100.000 Einwohner. Nach einer deutlichen Zunahme im Jahr 2015 (=7,3 pro 100.000) nahmen die Zahlen seit 2017 wieder ab, stagnierten 2018. Einen deutlichen Rückgang gab es 2019. 2020 schließlich fielen sie erneut und haben den niedrigsten Stand seit Einführung des Infektionsschutzgesetzes (IfSG). (Quelle: RKI). Fotos: Johanniter/Ina Tessnow

Auch im Johanniter-Krankenhaus Treuenbrietzen als größter Lungenfachklinik Brandenburg werden Tuberkulose-Erkrankte behandelt. Im Jahr 2021 waren es 15 Patienten.

Verzeichnen Sie mehr Tuberkulosefälle als in der Vergangenheit?

Das Johanniter-Krankenhaus verzeichnet seit 2017 relativ kontinuierliche Tbk.-Infektionen von 11-15 pro Jahr. Einen Ausreißer nach unten mit 7 Patienten gab es 2020.

Woher kommen die meisten Infektionen?

Es gibt zwei hauptsächliche Personengruppen. Zum einen eine reaktivierte Tuberkulose bei der älteren einheimischen Bevölkerung. Die Personen hatten oft eine unerkannte, latente Infektion in ihrer Kindheit oder Jugend. Im höheren Alter mit geschwächtem Immunsystem kann dann die Erkrankung ausbrechen.

Zum anderen sind es Patienten mit Migrationshintergrund aus Ländern, in denen die Tuberkulose noch sehr häufig vorkommt. Diese sind oft erst  20-30 Jahre alt.

Lässt sich die Infektionskette gut nachvollziehen?

Tuberkulose ist eine meldepflichtige Erkrankung, jeden Fall melden wir dem zuständigen Gesundheitsamt. Das Gesundheitsamt veranlasst eine umfassende Umgebungsuntersuchung des Patienten, um den Ansteckungsherd nachzuvollziehen.

Wie kann man sich schützen?

  1. Tuberkulose ist eine seltene  Erkrankung. Entscheidend sind eine schnelle Frühdiagnostik und eine rasche Therapieeinleitung. Ist der Patient erkrankt, bleibt er in Isolation, bis er nicht mehr ansteckend ist. Dadurch ist auch der Schutz der Allgemeinheit geboten.
  2. Gehen Sie mit wochenlangen, therapieresistenten lungenbezogenen Beschwerden wie Husten, Fieber, Auswurf unklarer Ursache zur Ärztin oder zum Arzt. Diese werden die Infektionsmöglichkeit mit Tuberkulose konsequent in der Diagnostik berücksichtigen.
  3.  

Müssen sich Long-Covid-Patienten/Patienten mit Problemen der Atemwege besonders schützen und wenn ja warum?

Zur Risikobewertung bei Menschen, die während der Tuberkulosetherapie eine SARS-CoV-2-Infektion durchmachen, gibt es keine ausreichenden Daten. Auch bei Long Covid-Patienten gibt es noch keine Daten bezüglich eines erhöhten Tuberkuloseerkrankungsrisikos.

Welche Therapiemaßnahmen bei Tbk. gibt es, um die Lunge/Lungenfunktion wieder zu stärken?

Tuberkulose lässt sich gut mit einer Kombination aus verschiedenen Medikamenten behandeln. Die übliche Behandlung dauert 6 Monate.

Eine Besonderheit der Tuberkulose ist das langsame Wachstum der Erreger. Die Tuberkulosebakterien teilen sich nur etwa einmal am Tag, während sich zum Beispiel Darmbakterien alle 10 Minuten teilen. Deswegen verläuft die Erkrankung in der Regel schleichend und entwickelt sich langsam über viele Wochen.

Um sicher alle Bakterien abzutöten, muss daher die medikamentöse Behandlung ausreichend lange und zuverlässig eingenommen werden. Dabei ist eine engmaschige Überwachung durch den Hausarzt oder Pneumologen bis zur kompletten Abheilung erforderlich. Nicht zuletzt aber auch deshalb, weil Tuberkulose-Medikamente manchmal Nebenwirkungen haben.

Mehr Information:

Dr. Dietmar Herziger ist Oberarzt der Fachklinik für Pneumologie und Thoraxchirurgie am Johanniter-Krankenhaus Treuenbrietzen. Als Facharzt für Pneumologie ist er mit langjährigen Erfahrungen u. a. besonders spezialisiert auf die Diagnostik und Therapie von Tuberkuloseerkrankungen.

Das Johanniter-Krankenhaus Treuenbrietzen ist Brandenburgs größte Lungenfachklinik mit 154 stationären Betten und 3 tagesklinischen Plätzen. Seit ca. 100 Jahren werden hier Lungenkrankheiten behandelt.