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09.08.2023 | Johanniter-Krankenhaus Duisburg-Rheinhausen

Bundestagspräsidentin zu Gast im Johanniter Krankenhaus Rheinhausen

Die Tagesordnung der jüngsten Kuratoriumssitzung der Johanniter-Einrichtungen in Rheinhausen beinhaltete am vergangenen Montag den Besuch der Bundestagspräsidentin Bärbel Bas.

Von links:
Prof. Dr. Gunnar Plehn, Thilo von Selchow, Susanne van gen Hassend, Klaus Pancur, Dr. Ludwig Paull, Elisabet Liß, Dr. Karlheinz Lüdtke, Bundestagspräsidentin Bärbel Bas, Rita Tönjann, Matthias Becker, Dr. Alexander Meyer
Bildquelle: S. Kalkmann

Zustande kam die Zusammenkunft durch die Rheinhauser Bezirksbürgermeisterin Elisabeth Liß, die als Mitglied des Kuratoriums den Kontakt herstellte. Ein optimaler Zeitpunkt in der Phase der Krankenhausplanung und der Krankenhausreform verbunden mit Veränderungen in der Gesundheitsversorgung. Themen, die zweifellos gesellschaftlich sind und auf jeden einzelnen Bürger Auswirkungen haben dürften. Somit war der inhaltliche Rahmen der Sitzung gesteckt. Die Vertreter der Johanniter, die im Bundesgebiet 18  Akutkrankenhäuser und Rehabilitationsklinken und 94 Seniorenhäusern sowie weitere Medizinische Versorgungszentren und Hospize betreiben, gehören auf dem Pflege- und Gesundheitsmarkt zu den großen Playern, betonte der Kurator der Rheinhauser Johanniter-Einrichtungen, Dr. Ludwig Paull bei seiner Begrüßung der Anwesenden.
Verschiedene Kernthemen erklärten die Johanniter für die rund zweistündige Veranstaltung zum Programm und gaben diese der Bundestagspräsidentin mit auf den Weg nach Berlin.

Wer die Zeiten der Kruppianer im Kampf um ihre Arbeitsplätze miterlebt hat, kann sich an Bildszenen auf der Solidaritätsbrücke erinnern. Ebenso veranschaulicht Dr. Alexander Meyer in seinem Beitrag zur Intersektoralen Versorgung ein gegenseitiges Unterhaken in der Krankenhausbranche. Als Chefarzt der Chirurgischen Klinik 1, die mehrere chirurgische Fachdisziplinen unter einem Hut trägt, ist die fachübergreifende Verzahnung im eigenen Krankenhaus bis hin zu den Niedergelassenen Ärzten und weiteren Fachstellen gleichermaßen eine Selbstverständlichkeit als auch ein Muss für eine hohe Güte der Versorgungsqualität mit kurzen Wegen für die Patienten. Hier gilt es, die fachübergreifenden Stärken und fachlichen Expertisen zu bündeln und zu einem insgesamt breit aufgestellten Angebot und Spektrum dem Gesundheitsmarkt anzubieten. Als gelebtes Beispiel aus dem Johanniter-Krankenhaus Rheinhausen könnte man aufführen, dass durch die interdisziplinäre Zusammenarbeit mit Gastroenterologen, Viszeralchirurgen, Onkologen, Strahlentherapeuten, Psycho- und sozialen Diensten, ein über Jahre erfolgreiches Magen-Darm-Zentrum etabliert wurde. Die Chirurgie ist nur ein Beispiel für die effektiven Strukturen in den „kleineren“ Krankenhäusern der Grund- und Regelversorgung, die ebenso Akutkliniken sind. Hält man kritisch das Votum der Krankenkassen im Rahmen der Krankenhausplanung NRW dagegen, scheinen die vielen wichtigen Rädchen des Klinik“werks“, die genau diese fachübergreifenden Ressourcen bilden, als nicht relevant und tragbar. Dafür in der Planung vorgesehen und erwünscht, in sich eher abgekapselte und vermeintliche spezialisierte Schwerpunktzentren, die der offenbar unterschätzten Vielfältigkeit und Spezialisierung der „kleinen“ Krankenhäuser wenig Spielraum und Solidarität gewähren. Umso bedeutender und willkommen der Besuch der Bundestagspräsidentin, die in Sachen Gesundheitswesen seit Beginn ihrer beruflichen Laufbahn tief im Thema steckt. Darüber hinaus auch der Startimpuls für das nötige Gespräch zwischen Vertretern der „kleinen“ Krankenhäuser und der Spitzenpolitik.
Denn im Titel des Krankenhausplans NRW 2022 heißt es: Die Strukturen müssen für die Menschen da sein, nicht die Menschen für die Strukturen!

Als weiteres Problem auf dem Gesundheitsmarkt zählt die Akutversorgung, die es anzupassen gilt. Die Kassenärztliche Vereinigung hat in der Vergangenheit die Einrichtungen der KV-Notfallpraxen in Duisburg reduziert. Im Duisburger Westen wird keine KV-Praxis mehr vorgehalten. Patienten werden die Notfallpraxen in Moers und in Duisburg-Mitte angeboten. Das Problem ist aber, dass das Patientenklientel, das in die hausärztliche oder KV-Praxis-Versorgung gehört, die Krankenhaus-Notfallambulanz stark frequentiert und den Weg über den Rhein oder in die Nachbarstadt meidet. Die Zentralen Notaufnahmen haben für „Bagatellfälle“ personell nicht die Kapazitäten. Wirtschaftlich gesehen sind diese Fälle zudem für die Krankenhäuser nicht tragbar. Hier müssten von der Politik unterstützende Strukturen und/oder Abrechnungsmodelle geschaffen werden. Auch die hausärztliche Versorgung ist neben der Situation auf dem Lande auch im städtischen Umfeld in Gefahr. Prof. Dr. Gunnar Plehn erläutert: „Es gibt in der näheren Umgebung immer weniger Hausärzte und Niedergelassene Fachärzte. Die jetzigen Praxisinhaber haben große Probleme, ihre Praxis beispielsweise aus Altersgründen an Nachfolger zu übergeben. Auch diese Folgen daraus, können von den Krankenhäusern nicht aufgefangen werden“. In der Zusammenfassung wird darauf hingewiesen, den Akutbedarf anzupassen, die Niedergelassene fachärztliche Versorgung als auch die Qualifizierung von ärztlichem Fachpersonal zu stärken.

Mit einem konkreten Beispiel aus dem Fachbereich der Kardiologie erklärt Prof. Plehn als Chefarzt der Klinik für Kardiologie eine weitere Folge aus der Krankenhausplanung, mit der ein Votum der Krankenkassen einhergeht. Zur Erklärung: in dem gesamten Konstrukt der Krankenhausplanung NRW ermessen die Krankenkassen, welche Schwerpunktleistungen welchen Kliniken in Zukunft zugesprochen werden. Dazu gibt es bis dato Vorschläge der Krankenkassen, die aber noch nicht final beschlossen sind.
Mögliche Folgen, die letztendlich der Patient und auch Fachkräfte zu tragen hätten. In diesem Beispiel geht es um die sogenannte Extraktion (Entfernung/Trennung vom Körpergewebe) von Sonden kardiologischer Devices-Therapien,  beispielsweise von Herzschrittmachern. Wurde ein Herzschrittmacher vor vielen Jahren implantiert, kann es im Laufe der Zeit zu bakteriellen Ansammlungen an den Sonden kommen. In diesem Fall ist ein rasches Handeln von Seiten eines Herzchirurgen notwendig. Als Kardiologische Klinik mit jahrelanger Erfahrung und Expertise zur Implantation von Schrittmachern, hat sich die Klinik auch auf die Entfernung der zuvor genannten Sonden spezialisiert. Hierfür wurde die entsprechende Infrastruktur geschaffen. Leider scheinen die konzeptionellen Gedanken und umgesetzten Maßnahmen, die den steigenden Bedarf an Sondenextraktionen verlässlich versorgen, keinerlei Zuspruch bei den Votumgebern der Krankenkassen zu erzeugen. „Die Patienten sind bei uns auf schnellem Wege mit minimalstem Risiko versorgt. Die Betroffenen werden uns von Kollegen aus dem gesamten Bundesgebiet anvertraut, so Plehn. Wäre die Qualität nicht angemessen, wäre der Zuspruch aus dem Fachkreis der Zuweiser sicherlich nicht so hoch, darf an der Stelle angemerkt werden.„Natürlich haben wir Einspruch eingelegt, leider bisher ohne Antwort seitens der Krankenkassen. Irgendwie fühlt man sich schon entmündigt. Es macht den Anschein, dass die Qualität der Medizin anhand der Größe eines Gebäudes bewertet wird“, ergänzt Plehn.

Ein weiteres Thema, welches viele Branchen umtreibt, ist der Fachkräftemangel.
Um den Bedarf der Pflege und der gesetzlichen personellen Untergrenze gerecht zu werden, kommt die Branche an Fachkräften aus dem Ausland nicht mehr vorbei.
Doch die Praxis zeigt, dass zurzeit zu komplizierte und einzelfallbezogene Anforderungen an Pflegekräfte seitens der Behörden gestellt werden. „Von der Entscheidung in Deutschland arbeiten zu wollen bis hin zu der Anerkennung als Pflegefachkraft, vergehen 24-36 Monate in Deutschland. Ein ganzheitliches Integrationskonzept ist erforderlich, um ausländische Pflegekräfte dauerhaft in Deutschland halten zu können“, erklärt Geschäftsführerin Rita Tönjann. Im Ganzen vergehen viel zu viele hürdenreiche Jahre mit überbordender Bürokratie, die das internationale Image für den Arbeitsstandort Deutschland für ausländische Fachkräfte nicht sonderlich fördern.

Es gibt noch viel mehr zu besprechen und einzuleiten, beispielsweise die Digitalisierung für die Anerkennungsverfahren bei Fachkräften, finanzielle Förderung von Integrationsfachkräften oder das Aufbrechen alter Strukturen in der ambulanten und stationären Versorgung. Doch der Austausch mit der Bundestagspräsidentin und den Vertretern der Johanniter war vielleicht der Türöffner, konform zu dem Zitat des Vorworts des Krankenhausplans NRW von Minister Laumann: „Lassen Sie uns bei der Umsetzung des Plans daran gemeinsam arbeiten!“
„Wir Johanniter wollen Strukturen mitentwickeln und mitarbeiten“, so Matthias Becker, Geschäftsführer Bereich Krankenhäuser der Johanniter GmbH.