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19.04.2021 | Johanniter-Krankenhaus Bonn

Beitrag zur Woche des Lebens

„Nie sind wir uns so nah, als wenn wir Abschied nehmen müssen.“ Roswitha Bloch

Liebe Leserin, lieber Leser, Liebe Freunde der Hospizidee, Sehr geehrte Damen und Herren,

das Hospiz ist ein besonderer Ort. Er wird durch die Menschen die dort sind zu etwas ganz Besonderem. Nahezu allen ist bewusst, dass die gemeinsame Zeit, die bleibt, begrenzt ist. Die Situation des Abschieds lässt vieles klarer, deutlicher erscheinen, um es mit Goethe zu sagen, werden „die Freuden die unendlichen und die Schmerzen die unendlichen, ganz“. Damit sind nicht körperliche Schmerzen gemeint. Die körperlichen Symptome sind mit unserem fachlichen Know-how beherrschbar. Mit dem heutigen Stand des palliativ-medizinischen und palliativ-pflegerischen Wissen lassen sich die Symptome gut lindern.

Durch die Situation des Abschieds rückt das wesentliche in den Focus: Was habe ich in der Vergangenheit erlebt, woran erinnere ich mich gerne. Was habe ich versäumt? Was wäre mir wichtig gewesen? aber auch: Was möchte ich noch regeln und was möchte ich noch sagen oder welche Taten vollbringen?

Zukunftspläne? – Fehlanzeige. Niemand weiß, wie es einem morgen geht. Das was zählt ist der Augenblick und dieser Moment gewinnt unendlich an Bedeutung: Das Da-sein von geliebten Menschen, das Aushalten von gemeinsamem Schweigen, das unbeschwerte albern sein, weil man den gesellschaftlichen Konventionen nicht mehr unbedingt entsprechen muss, das humorige betrachten der eigenen Situation.

Es ist das Eichhörnchen im Garten, der bunt gefiederte Vogel auf dem Balkon. Das leckere, frisch zubereitete Spargelessen, aber manchmal auch viel mehr.

Es ist die Freude noch einmal einen Tag in der eigenen Wohnung sein zu können, den Rhein zu erblicken, die Fahrt noch ein letztes Mal an das Meer, den Frühling zu spüren, den geliebten Partner zu heiraten, die Geburt des Enkelkindes, die Freude wertgeschätzt und umsorgt zu sein, mit seinen Sorgen und Ängsten ernst genommen zu werden, einen Austausch über die Fragen nach dem Lebenssinn oder auch über spirituelle Fragen zu haben, Geselligkeit zu erleben und Menschen um sich zu haben, die alles geben, damit „unser“ Gast sich im Hospiz gut aufgehoben fühlt. Aber es ist auch die Traurigkeit von all dem was man liebt, was man geschaffen hat, Abschied nehmen zu müssen.

Materielle Dinge werden oft bedeutungslos. Wichtig bleiben die Beziehungen zu Menschen und das was dem eigenem Handeln Sinn verleiht.

Daraus können wir alle lernen, jetzt, denn warum nicht schon heute damit beginnen, mit dem Leben bis zuletzt?

Marita Haupt
Leiterin Johanniter-Hospiz Bonn