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25.11.2024 | Ev. Krankenhaus Bethesda Mönchengladbach

Ein letztes Mal - Pflaumenkuchen mit Bohnenkaffee

Familienbesuch Von Palliativstation Ev. Krankenhaus Bethesda Mönchengladbach der Johanniter GmbH nach Trier-Z. (Heimatort) und zurück.

Nebel lag in den Tälern der Eifel. Ab und zu die Äste eines Baumes, herbstlich gefärbt. Der Geruch der frisch aufgebrochenen Erde auf den Feldern drang in den Wagen. Sie lag in einem Rettungswagen, neben ihr Julia G., Mitarbeiterin des Krankenhauses, aus dem sie gerade kam. Dann die Konturen der Pauluskirche in Trier. Jetzt wusste sie, gleich bin ich zuhause, zuhause in meinem Dorf bei Trier. Sie wusste: für einen Tag, für vier Stunden.

Es war ihr letzter großer Wunsch: Noch einmal nach Hause ins Dorf und ihre beiden Schwestern sehen, mit ihnen reden, mit ihnen erzählen, sie noch einmal umarmen. Dann hätte sie eine Verabredung mit dem Hospiz, so sagt sie. Mutig hatte sie entschieden und eine Woche vorher einen ihr zugesagten Platz im Hospiz abgesagt. Sie wollte diesen Tag, Samstag, 9. November 2024, erreichen mit Hilfe der Ärzte und Pflegenden im Krankenhaus.

Die Therapien hatten ihre Grenzen erreicht. Zusammen mit den Ärzten entschied sie: Ich will loslassen und mich auf den Weg machen hin zum Tod. Hin zu Ruhe und Frieden, wie sie meinte. Sie hat viel gesprochen mit ihrer Familie, ihren wenigen Freunden hier am Niederrhein und mit uns, dem Team der palliativen Versorgung im Ev. Krankenhaus Bethesda. Und sie erinnerte sich des Angebotes zur Fahrt mit der Johanniter WunschAmbulanz ein halbes Jahr zuvor. Da war sie noch nicht so weit. Alle zur Verfügung stehenden Kräfte sollten der Genesung dienen. Nun war die Zeit dafür da.

Ihre Schwestern, selbst gesundheitlich eingeschränkt, können nicht kommen. Sie werden versorgt von ihrer Nichte und einem liebevoll helfenden Ehepaar. Frau F. war vor langer Zeit, so zusagen, entführt worden durch die Liebe ihres Mannes. Weg von der Porta Nigra in Trier bis hin nach Stralsund, dem Tor zur Ostsee. Aber immer wieder, so schmunzelt sie, zog es sie auch zurück nach Hause. Mit der Eisenbahn ging es im Kurswagen von Stralsund nach Luxemburg/Stadt mit Umgehängt werden in Düsseldorf und Zwischenstation in Trier. Die Familie erleben und leben. Begegnungen im Elternhaus, in dem sie auch geboren wurde, „die Hebamme wohnte ja unter uns, da konnte alles ganz – zack, zack – schnell gehen!“. Der Duft des Pflaumenbaums ihrer Kindheit im Garten, Feld, Wald und Wiese. Dann zurück zur Ostsee, um dann irgendwann in Kempen am Niederrhein wiederum eine neue Station zu finden.

Sandra M. und Julia G., die beiden vom Krankenhaus und von der Johanniter Unfallhilfe, waren so klar im Handeln und zugleich so sanft im Tun, so erzählt Frau F. Kurz vor zu Hause ein kurzer Stopp, „wir wechseln noch einmal die Schutzhose“, so die Beiden, damit nichts von der kostbaren Zeit verloren geht. Denn, so stieg die große Aufregung für Frau F. zusätzlich, ihre zweite Nichte aus Marseille hatte spontan einen Flug gebucht und würde jetzt auch vor Ort sein. Dann kam die Pauluskirche in Trier, dann das Dorf, ihre Straße, das Haus und ihre Familie.

Und wir haben geredet und erzählt. Wir haben uns gefreut und in den Armen gelegen. Dann sagte eine meiner Schwestern: „Und jetzt gibt es Mutters Pflaumenkuchen mit Bohnenkaffee. Wie früher, früh gepflückt, damit keine Tiere reingehen und noch warm!“ „Ich hatte gedacht, ja hatte Angst“, so erzählt Frau F., „dass diese vier Stunden nur Tränen sein könnten, aber mit Pflaumenkuchen und Bohnenkaffee wie früher und mit vielen Anekdoten und Lachen war es wie ein Fest, ein Fest des Lebens!“

Eine Viertelstunde vor der vereinbarten Zeit riefen sie an, - die Julia und die Sandra – , sie kämen jetzt. Wir haben dann voneinander Abschied genommen, meine Schwestern und ich, meine Nichten und ich, meine Freunde und ich und eine Nachbarin winkte, sie hatte eine Tüte Plätzchen an die Türe gehangen mit einem Zettel, sie wäre erkältet und wolle mich nicht anstecken. „Im Wagen waren wir dann still beieinander“, erzählt Julia G. „Sie hat ihre Freude über das Geschehene zu mir hin ausgeteilt und dann ist sie für über eine Stunde fest eingeschlafen.“

Zurück auf der Station wurde sie mit gespannter Erwartung empfangen. Sie gab Bericht und war voller Energie und Lebensfreude. „Nun bin ich bereit für den Weg, der vor mir liegt“, sagte sie.

Auf ihrem Nachttisch erwartete sie eine Rose in einem zarten lachs-roten Farbton. „Eine einzigartige Blüte wie sie eine Rose nur einmal in ihrem Leben hervorbringt und so wie mein Leben war“, definiert sie. Diese Rose stammte aus dem Gedenk-Gottesdienst für die im Krankenhaus verstorbenen Patientinnen und Patienten, der ebenfalls an diesem Tag stattfand, ihrem Tag des Lebensfestes. Und auch, wenn sie nun im Hospiz versterben wird – in dem ja noch viel Leben stattfinden kann –, werden wir Frau F. nach ihrem Versterben in das Gedenkbuch des Krankenhauses eintragen und werden uns im November 2025 ihrer als eines besonderen und starken und lebensmutigen Menschen erinnern.

 

Text: Ulrich Meihsner, Krankenhausseelsorge