Beispiele für Kindeswohlgefährdung

Vernachlässigung

Vernachlässigung ist meist ein prozesshafter Vorgang, der über einen längeren Zeitraum hinweg geschieht. Sofern es keine äußerlichen Anzeichen gibt ist Vernachlässigung unter Umständen schwer zu erkennen. Die folgenden Beispiele sollen dabei helfen, Vernachlässigung wahrzunehmen und festzustellen.

Körperliche Vernachlässigung

  • Unzureichende Versorgung mit Nahrung, Flüssigkeit, witterungsangemessener Kleidung
  • Mangelhafte Hygiene, medizinische Versorgung oder Wohnverhältnisse

Erzieherische und kognitive Vernachlässigung

  • Fehlende Kommunikation und erzieherische Einflussnahme, beispielsweise durch fehlende Anregung zum altersgerechten Spielen
  • Fehlende Förderung sozialer Kontakte
  • Kein Aufzeigen von "falsch" oder "richtig", fehlende Vermittlung von Werte

Emotionale Vernachlässigung

  • Mangel an elterlicher Liebe und Zuwendung

Unzureichende Aufsicht

  • Häufiges Alleinlassen oder "Parken" des Kindes vor dem Fernseher oder anderen nicht altersgerechten Medien
  • Kind ist alleine unterwegs in Situationen oder zu Tageszeiten, die dem Alter nicht angemessen sind

Gewalt und Misshandlung

Erziehungsgewalt
Als Erziehungsgewalt bezeichnet man leichte, kurzzeitige Gewalt im Rahmen einer Erziehungsmaßnahme ("Körperstrafe"). Sie passiert oft unbeabsichtigt, kann sich jedoch negativ auf die körperliche und psychische Entwicklung eines Kindes auswirken. Dazu gehören:

  • Schütteln (bei Kleinkindern)
  • Leichte Ohrfeige
  • Hart angepackt werden

Körperliche Misshandlung
Körperliche Misshandlung ist schwerwiegender und wird im Gegensatz zur Erziehungsgewalt oft vorsätzlich zugefügt. Oft werden dabei Gegenstände, wie Gürtel oder Stöcke, benutzt. Körperliche Misshandlungen sind oft durch äußerliche Merkmale erkennbar und haben zumeist schwere körperliche und psychische Auswirkungen auf das Kind. Beispiele für körperliche Misshandlungen sind:

  • Schütteln von Säuglingen (das Shaken-Baby-Syndrom, auch Schütteltrauma, kann zum Tod des Säuglings führen)
  • Tritte, Schläge, Stiche, Bisse
  • Vergiftungen, beispielsweise durch Medikamente
  • Verbrennungen, beispielsweise mit Zigaretten, Kerzen oder Feuerzeugen

Psychische Erziehungsgewalt und Misshandlung
Zu den psychischen Erscheinungsformen zählen Misshandlungen, die Kindern das Gefühl vermitteln, sie seien wertlos, ungewollt, nicht liebenswert. Die nachfolgend benannten Unterformen werden je nach Dauer und Intensität der Erziehungsgewalt oder der Misshandlung zugeordnet. Von einer psychischen Misshandlung ist auszugehen, wenn eine oder mehrere Unterformen kennzeichnend für die Eltern-Kind-Beziehung sind, d. h. wiederholt oder fortlaufend auftreten:

  • Ablehnung des Kindes, z.B. durch die Herabsetzung der kindlichen Qualitäten, Fähigkeiten und Wünsche, "sich lustig machen" über Bedürfnisse oder Fertigkeiten des Kindes
  • Isolation, z.B. durch das Unterbinden altersgerechter sozialer Kontakte
  • Terrorisieren durch Drohungen, übermäßiges Androhen von Konsequenzen, oftmals von Gewalt oder radikal überzogenen Erziehungsmaßnahmen
  • Ignorieren, z.B. durch den Entzug elterlicher Aufmerksamkeit oder Ansprechbarkeit und Zuwendung
  • Korrumpieren, z.B. durch Aufforderung des Kindes zu strafbarem, schädlichen oder selbstzerstörerischem Handeln oder das Zulassen und Dulden eines solchen Verhaltens
  • Adultifizieren, z.B. durch die Übertragung nicht altersgerechter Aufgaben und Verantwortungen auf das Kind (beispielsweise das ständige Aufpassen auf Geschwister)

Sexualisierte Gewalt

Kinder sind keine Erwachsenen und müssen langsam und altersgerecht an das Thema Sexualität herangeführt werden. Eine Konfrontation mit der erwachsenen Sexualität kann zu Entwicklungsstörungen oder Traumata führen.

Sexualisierte körperliche Gewalt

  • unangebrachtes, erotisch motiviertes Küssen
  • Berühren des Kindes an den Geschlechtsorganen
  • Jegliche Form des Geschlechtsverkehrs
  • Aufforderung des Kindes zu sexualisierten Taten, beispielsweise zur Masturbation
  • Aufforderung des Kindes zum Zusehen beim Geschlechtsverkehr (auch am PC)
  • Aufforderung des Kindes eine dritte Person intim zu berühren
  • Erstellen oder Verbreiten von kinderpornografischem Material

Sexualisierte psychische Gewalt

  • anzügliche oder beleidigende Bemerkungen und Witze über den Körper oder die Sexualität eines Kindes
  • überzogene und unangemessene Gespräche über Sexualität (auch in Chatrooms)
  • das Zugänglichmachen von Pornografie (auch über das Internet)

Häusliche Gewalt

Als häusliche Gewalt bezeichnet man im Allgemeinen die Gewalt zwischen zwei erwachsenen Beziehungs- oder Ehepartnern. Sie ist nicht an einen bestimmten Ort, wie beispielsweise das Zuhause, gebunden. Oft erleben Kinder diese Gewalt mit oder wachsen mit ihr auf. Dies hat oft schwerwiegende Folgen auf die weitere psychische Entwicklung des Kindes. Zu den drei Untergruppen der häuslichen Gewalt zählen

  • die physische Gewalt in Form von Schlägen, Tritten, Würgeversuchen, Verbrennungen etc.
  • die psychische Gewalt in Form von Drohungen, Erniedrigungen, konstanter Kontrolle, Verboten
  • die sexualisierte Gewalt in Form von Zwang zu sexuellen Handlungen oder Vergewaltigungen

Folgen und Auswirkungen

Was für Folgen und Auswirkungen hat eine Kindeswohlgefährdung? Lesen Sie hier mehr dazu.